Alles fing gut und reibungslos an. Die Piste suedlich von Lambarene war das Beste, was man nach einer besseren Asphaltstrasse von einem Fahrweg erwarten kann. Dem aufwirbelnden Staub des Vorausfahrenden umgehen Geoff und ich indem wir nebeneinander fahren. Mark faehrt sowiso meist in seiner eigenen Geschwindigkeit hinter uns. Stundenlang verbringen wir so und die recht abwechslungslose Landschaft rauscht vorbei, hin und wieder unterbrochen durch aermliche Doerfer, bestehend aus Bretterbuden und Buschfleischangeboten am Strassenrand. Unterschiedlichste Affenarten, allerlei Buschviech das ich nie zuvor gesehen habe und sogar Babykrokodile haengen ausgebreitet an geeigneten Halterungen. Die Ureinwohner haben immer alles Essbare im Dschungel gejagt und sind auch in keinster Weise fuer die Bedrohung so vieler Affenarten verantwortlich. Nach meinen Informationen ist ihnen die Jagd und der Verzehr fuer den Eigengebrauch auch nicht untersagt, der Verkauf aber schon. Die Jagd und der Tausch, bzw. spaeter Verkauf, des erbeuteten Buschfleischs ist allerdings seit Generationen ein wichtiger Teil des Lebens der Einwohner, verankert in Traditionen. Waehrend ausserhalb der Nationalparks der Dschungel an den Hoechstbietenden verschachert und abgeholzt wird und viel Geld in wenige Taschen fliesst, wird der Aermste seiner Lebensgrundlage beraubt und in die Illegalitaet getrieben. Es ist haesslich und abstossend den Tot am Strassenrand zu sehen und man schaut etwas veraechtlich auf die Verkaeufer, aber das eigentliche Verbrechen passiert woanders.
Wir kommen gut voran und erreichen frueher als erwartet Ndende, den letzten groesseren Ort Gabons vor der Grenze zum Congo. Von hier aus, denken wir, brauchen wir vermutlich weitere 2 Tage nach Brazzaville. Aber es kam alles ganz anders.
Das Ueberqueren der Grenze gestaltet sich als langwierig. Gabon ist das erste Land, das aus unverstaendlichem Grund zwei Ausreisestempel in unseren Paessen hinterlaesst. Jede Kontrollperson ist enorm wichtig und verbringt viel Zeit damit unsere Daten auf losen Zetteln festzuhalten. Mehrere verschlossene Schranken warten auf den geeigneten Schluessel und so arbeiten wir uns Station fuer Station vor. Ausser uns scheint es niemanden zu geben, der in die eine oder andere Richtung ueber die Grenze will. Im Congo angekommen, erwartet uns ein Pfad. Mehr kann man es wahrlich nicht aufwerten. Ein ungewarteter Pfad aus gewoehnlicher Erde. Auch hier haben Autos in der Regenzeit tiefe Furchen eingefahren. Es ist ein staendiges auf und ab. In den Taelern steht das Wasser des letzen Regens und bedeckt teilweise die gesamte Strassenbreite. Bis zu 20 Meter sind die kleinen Strassenseen lang, trueb und ohne Hinweis wie tief oder steinig der Untergrund ist.
Jede Durchfahrt ist eine neue Ueberraschung und teilweise stehen wir bis zu den Knien unter Wasser, die Motorraeder bis zur Haelfte verschwunden. Langsam gewoehnen wir uns aber daran, gewinnen Vertrauen und geniessen unser Abenteuer. Unser Motorrad liegend im Matsch zu sehen, blieb uns an diesem Tag allerdings allen nicht erspaart. Abends erreichen wir Kibangou, die erste Siedlung erwaehnenswerter Groesse nach der Grenze.
Bereits morgens bemerkte ich, das ich nicht hundertprozentig fit bin, aber nicht anders als an anderen schlechten Tagen und mache mir keine Sorgen. Im Laufe des Tages macht sich allerdings eine gewisse Erschoepfung breit und ich beginne mich schwach zu fuehlen. Mein Zustand verschlechtert sich bis zum Abend und ich gehe direkt nach unserer Ankunft in Kibangou ins Bett. Bis zum kommenden Morgen entwickle ich zusaetzlich Fieber, Glieder- und Kopfschmerzen. Alles deutet darauf hin, was seit unserem Aufenthalt im suedlichen Westafrika wie ein Damoklesschwert ueber mir haengt - Malaria. Ich nehme meine fuer den Notfall mitgebrachten Malarone-Tabletten und hoffe besorgt auf baldige Besserung. An Weiterfahrt ist in meinem Zustand sowiso nicht mehr zu denken. Mein Zustand verschlechtert sich stuendlich. Meine Lebenskraefte sinken im freien Fall und ich habe kaum noch die Kraft mich aufs Aussenklo zu schleppen. Als mich Geoff besorgt am fruehen Nachmittag aus meinem schaebigen Zimmer ins lokale Hospital schleift (ueberraschenderweise gabs eins), habe ich gerade noch genug Kraft, um meine Augen fuer 5 bis 10 Sekunden offen zu halten, bevor es mir zu anstrengend wird. Dort angekommen, kann ich nicht einmal mehr auf einem Stuhl sitzen. Die Diagnose Malaria wird bestaetigt. Ich nehme im Delirium war, wie mehrere Aerzte um mich herum stehen und Geoff alle Spritzen, Nadeln und Infusionsbehaelter auf ihren Neuwert ueberprueft und mir anschliessend eine Infusionsnadel in den linken Handruecken gesteckt wird. Eine Spritze pumpt etwas in mich hinein, was mich mit nahezu unertraeglichen Schmerz aus meinem Daemmer- in den Wachzustand reisst und meine Temperatur innerhalb kuerzester Zeit auf Normalniveau senkt. Ich spuere wie der Schmerz durch meine Adern meinen linken Arm nach oben kriecht. Selbst heute, ueber eine Woche spaeter, sind die Adern noch geschwollen und schmerzhaft. Mein Wachzustand haelt allerdings nicht lange an, denn im Folgenden wird mir ueber einen Tropf neben viel Fluessigkeit und Vitaminen, auch Chinin verabreicht, das aeltestete Malariamittel ueberhaupt. Wie Gift verbreitet es sich in meinem Koerper. Ich kann spueren wie es mich angreift, meine Atemfrequenz steigert, mein Gehoer anfaengt zu rauschen und meine Sicht zu flimmern beginnt. Voellig vernebelt verbringe ich den Rest des Tages im Bett meines Herbergszimmers und daemmere der Besserung entgegen. Der Infusionsvorgang wird am kommenden Tag wiederholt und ich fuehle mich langsam etwas besser, wenngleich noch sehr schwach.
Weitere zwei Naechte verbringen wir in Kibango und Mark und Geoff muessen sich irgendwie die Zeit vertreiben. 500 Einwohner leben hier, aber es gibt keinen Strom oder ein Abwassersystem. Plumpsklo und Waschen aus Eimern ist hier die Praxis. Der einzige Generator, der 24 Stunden laeuft, betreibt, wer haette es anders gedacht, den mitten im Dorf stehenden Telekommunikationsmast. Niemand besitzt ein Auto, einzig die zahlreichen mit Holz beladenen Laster rauschen durch die Stadt. Unsere Unterkunft ist ein Loch, die Zimmer dreckig mit einem Bett ohne Laken, nichts weiter. Als ich am dritten Tag genug Kraft gewonnen habe, um mir die 100 Kilometer bis in die naechste groessere Stadt, Dolisi, zuzutrauen, sind wir alle heilfroh weiterzukommen.
Mein Malariaanschlag hat mir fuer etwa drei Tage intensivste Qualen auferlegt und ich kann mich nur an sehr wenige Zustaende in meinem Leben erinnern, in denen ich mich vergleichsweise Elend gefuehlt habe. Der gesamte Koerper wird angegriffen und in Mitleidenschaft gezogen. Die Wucht mit der man umgehauen wird, ist gewaltig. Im Vorfeld der Reise habe ich mich gegen eine Prophylaxe mit Tabletten entschieden und setzte auf Vorsicht, Mueckenspray und Moskitnetz. In der Realitaet sehe ich keine Moeglichkeit sich effektiv gegen die winzigen, kaum sichtbaren Muecken zu schuetzen und hatte jeden Tag Stiche. Mit Malaria ist nicht zu spassen und wenn mich Geoff in meinem Zustand voelliger Erschoepfung nicht ins Hospital gebracht haette, wuerde ich moeglicherweise diese Zeilen hier nicht schreiben. Ich habe meine Lektion gelernt.
Dolisi liegt auf der Hauptroute zwischen den groessten Stadten Congos, Point Noir und Brazzaville. Die Michelinkarte verzeichnet die Strasse als Hauptroute im Land. Wir schlussfolgern von nun an zuegig voranzukommen und freuen uns schon auf Brazzaville. 350 Kilometer muessten in einem Tag zu schaffen sein, denken wir und brechen am kommenden Tag in der Frueh auf. Doch wieder kam es ganz anders.
Die erhoffte Strasse, die N1 oder Rue de National, ist keine. Es ist ein unbestaendiges, staendig seine Oberflaeche veraenderndes, steiniges, loechriges und matschiges Pistenmonster. Selten kommt man ueber den zweiten Gang hinaus. Die wichtigste Verbindungsstrasse im Land ist eine Schande, eine peinliche Farce von einer Strasse. Ein Land voller Rohstoffe, von Oel ueber Holz und Diamanten hat es bis ins Jahr 2009 nicht geschafft seine beiden groessten Staedte miteinander zu verbinden. Selbst Mali, ein Land ohne Kuesten, ohne nennswerte Rohstoffvorkommen und eines der aermsten des Kontinents hat es geschafft eine vernuenftige Strasse durchs Land zu ziehen. Nach 75 Kilometern ist der Tag vorbei, meine wenige Kraft aufgebraucht und wir machen frustriert in Mandingo halt. Das Interesse an uns ist gross und wir schaffen es bis zum Schlafengehen zwei Fernsehinterviews fuer lokale Fernsehsender zu geben und duerfen einen interessanten Abend mit einigen Lehrern der Schule verbringen, die uns einen Einblick in die Verhaeltnisse in Congo gewaehren. Auch am naechsten Tag schaffen wir nur 75 Kilometer und uebernachten in Mindouli, wo man uns vor den schlechten Strassenverhaeltnissen auf den kommenden 50 Kilometern bis Kinkala warnt. Wir dachten wir kennen schon alles, aber was uns am naechsten Tag erwartete, uebertraf alles, was wir in Afrika bislang gesehenen, bzw. ueberhaupt fuer moeglich gehalten haetten.
Es wird matschig. Langsamer als an den Vortagen wuehlen wir uns durch teils tiefen Schlamm und muessen uns nacheinander gegenseitig helfen, um Anstiege zu erklimmen. Teilweise muss ich meine Koffer abbauen, um durch die engen ausgefahrenen Furchen zu passen und dann separat tragen. Wir muessen die Motorraeder aus festgefahrenen Situationen herausheben und sauen uns von Kopf bis Fuss mit Schlamm ein. Die Strasse verliert sich an manchen Stellen in zahllose Spuren, die die Laster vor uns auf der Suche nach einer besseren Durchfahrt hinterlassen haben. Jeder LKW ist mit mehreren Leuten besetzt, die in den Schikanen Aeste mit Blaettern abschneiden und Holz sammeln, um sie dem festgefahrenen Wagen vor die Raeder zu schmeissen. Jeder Anstieg wird zur Arbeit fuer alle und wenn es der Laster schafft, sich aus einer Mulde herauszuwuehlen, ist die Mulde 20 cm tiefer als sie vorher war. Hin und wieder versperrt uns ein LKW den Weg und wir schauen dem muehsamen Prozess zu. Wir koennen es nicht fassen, welch riesiger Aufwand damit verbunden ist, Gueter hier von A nach B zu bringen. Nichteinmal die Grundvoraussetzung fuer Handel oder das entstehen einer Wirtschaft sind hier geschaffen.
Wir erreichen eine Schlange von etwa 10 LKWs, die sich nicht bewegen. Das ist nicht gut, denke ich und ueberlasse es Mark und Geoff an den Anfang zu gehen und nach dem Grund zu suchen. Ich spuere erste Erschoepfungserscheinungen und merke, dass ich noch nicht ganz im Vollbesitz meiner Kraefte bin. Das schwere Motorrad inkl. Gepaeck durch dieses Terrain zu bewegen und die Motoraeder der Anderen durch schwierige Passagen zu schieben, kostet viel Kraft. Am Anfang der Schlange verliert sich die Strasse in unpassierbare Mondlandschaft. Hier ist kein Durchkommen mehr moeglich. Auf nicht absehbarer Laenge wird die Strasse durch schweres Gefaehrt wieder in Stand gesetzt. Wie lange es dauern wird, bis der naechste LKW passieren kann, weiss man nicht. Man wartet eben und die ersten warten bereits vier Tage darauf. Wir haben Glueck, es gibt eine Umfahrung, die fuer LKWs unbefahrbar ist, fuer uns aber kein Problem darstellt und erleben eine der schoensten Pistenfahrten bisher durch die rollende Huegellandschaft, um 15 Minuten spaeter wieder auf die Hauptroute zurueckzukommen.
Guten Mutes setzen wir unseren beschwerlichen Weg fort, um wenig spaeter auf die naechste LKW-Schlange zu treffen. Diesmal laufe ich den Weg an den Anfang ab, um nach Moeglichkeiten zu suchen, vorbeizukommen. Es sind viel mehr LKWs hier und es herscht ein buntes Treiben. Hier und da sind Feuer und Kochstellen, ein kleiner Trampelpfand ist bereits ausgetreten, Leute sitzen in groesseren Gruppen, hoeren Musik aus Kofferradios und trinken Wein und am Anfang schaufeln etwa 20 Maenner in mehreren tiefen Loechern. Irgendwo hier gab es mal eine Strasse. Die Ersten warten seit einer Woche auf ihre Weiterfahrt! Es ist schwierig vorbeizukommen, aber nicht unmoeglich, denke ich und mit der Hilfe der Anwesenden manoevrieren wir uns langsam und unter irrsinnigen Kraftaufwand auf die andere Seite, wo sich die Laster in die andere Richtung stauen. Ich befinde mich kurz vor der totalen Erschoepfung und mich beginnt der Mut zu verlassen, dass ich genug Kraft aufbringen kann, das Motorrad hindurchzukaempfen. Langsam geht auch das Wasser zur Neige, wir haben wenig Essen und die Zeit rennt davon. Wir erholen uns kurz, hoffen auf Besserung der Strassenverhaeltnisse und fahren weiter. 1 Kilometer. Die naechste Schlange. Ich haette heulen koennen. Einen Kraftakt wie bei der letzten Durchquerung glaube ich nicht mehr aufbringen zu koennen und mich erfaesst Angst, dass ich das Motorrad aufgrund meiner Schwaeche nicht mehr durch die kommende Schikane bekomme. Und was ist, wenn es diesmal keinen Weg vorbei gibt und wir mit den Fahrern festsitzen? Zum ersten Mal auf meiner Reise wuenschte ich fuer einen Moment, ich waere nicht hier, frage mich warum ich mir das antue. Zusaetzlich sind wir natuerlich immer eine grosse Attraktion, werden umringt und befragt, um Geld und Zigaretten gebeten und auffaellig viele laufen dabei mit automatischen Gewehren herum. Die Rebellengefahr ist nach wie vor gross sagt man uns. Die Situation beginnt mich zu ueberfordern und meine Bereitschaft positiv auf meine Umwelt zu reagieren sinkt gegen Null. Geoff und Mark suchen nach einer Loesung. Diesmal sieht es schlecht aus. Es fuehrt kein offensichtlicher Weg vorbei und in der Schikane in der Mitte der Strasse versucht ein riesiges Raupenfahrzeug einzeln die grossen Laster durch den Dreck zu ziehen. Ein paar Haeuser stehen am Strassenrand und ein Einwohner bietet uns an, uns fuer ein wenig Geld hindurchzuhelfen. Geoff besichtigt die vorgeschlagene Route und wir willigen ein. Es ist abenteuerlich und nur mit der Hilfe aller moeglich und fuehrt uns durch Haus und Hof unseres Helfers. An einer unueberwindbaren Stelle graebt man uns extra einen Pfad, der uns zurueck auf die Strasse fuehrt. Wir schaffen es.
Der Rest des Weges ist nicht viel einfacher und nach dem Matsch erwartet uns auch noch Sand. Da sehe ich es ploetzlich vor mir. Asphalt. Eine Strasse erwaechst aus dem Sand, neu, schwarz, eben. Wer es nicht erlebt hat, wird es nicht nachvollziehen koennen, aber ich spuere eine sofortige Ausschuettung von Glueckshormonen. Mein Herz springt, mein Atem wird schneller, ich heule fast vor Freude und gebe Gas, rase wie ein verrueckter auf die Strasse zu. Dort angekommen, halte ich, setze den Helm ab, falle auf die Knie und kuesse den Belag. Mark und Geoff tun es mir gleich.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit ereichen wir auf dem Zahnfleisch Kinkala. 60 Kilometer haben wir heute geschafft. Dieser Tag hat uns alle bis ans Aeusserste getrieben und unsere Grenzen aufgezeigt. Ohne die gemeinsame Anstrengung, waere es nicht moeglich gewesen. Wir sind stolz, befriedigt und heilfroh, die Piste hinter uns gelassen zu haben. Wir stossen auf den Tag an (ich mit Cola) und entscheiden, dass wir nie diese Route gewaehlt haetten, wenn aus unseren Karten ersichtlich gewesen waere, wie schlecht die Strasse ist. Jetzt da es aber hinter uns liegt, war es eine der wertvollsten und abenteurlichsten Etappen unserer Reise.
Am kommenden Vormittag schuettet es stundenlang aus allen Wolken. Der gestrige Weg waere heute auch an den besseren Passagen fuer uns unpassierbar gewesen. Hoffnungslos aufgeweicht. Die schwierigen Schikanen waeren fuer uns genauso zur Blockade geworden wie fuer die vielen LKWs. Wir haetten durchnaesst festgesessen - eine Woche, zwei? Die Vorstellung ist erschreckend und beklemmend. Wir hatten irrsinniges Glueck mit dem Wetter. Hier gibt es keine Garantien, alles kann sich so schnell aendern. Wir haben auf unserem Weg seit Dolisi oft gefragt, wie lange es dauert nach Brazzaville zu kommen und haben sehr viele verschiedene Antworten erhalten. Jetzt nachdem wir es gerade hinter uns gebracht haben, koennten wir selbst keine Antwort geben.
Brazzaville ist nicht unbedingt die Belohnung, die wir uns fuer unsere Anstrengung erhofft haetten, aber es ist eine stressfreie und entspannte Stadt. Fliessend Wasser und Strom kann man uns auch hier in den ueberteuerten Hotels nicht garantieren und die Strassen in den Aussenbezirken haben teilweise Loecher, als waeren Meteoriten eingeschlagen. Dreck und Muell findet man hinter jeder zweiten Ecke und stinkende Baeche fliessen durch Berge von Plastetueten, Dosen und Flaschen. Neue Buerogebaeude stehen neben im Krieg zerbombten und verlassenen Baracken und der Zentralpark ist wie es aussieht seit langer Zeit eingezaeunt. Es ist teuer hier und wenn man abends durch die Strassen schlendert sieht man mehr kaeufliche Frauen als nicht kaeufliche. Das Schoenste ist der Blick ueber den Congo nach Kinshasa bei Nacht. Die deutlich groessere Metropole auf der anderen Seite des Flusses leuchtet mit vielen hohen Haeusern, die sich im Fluss spiegeln. Brazzaville und Kinshasa sind im uebrigen die am naehesten zusammenliegenden Hauptstaedte weltweit.
Nach Kinshasa zu gelangen, ist unser naechstes Ziel. Die Visa haben wir gleich als erstes beantragt. Nach mehrmaligen Vorsprechen und Erklaeren, was wir denn tun und warum wir nach DR Congo wollen, hat man uns aber die Paesse inklusive der ersehenten Visa ausgehaendigt. Auf der Reise muessen wir jetzt nur noch ein Visum benatragen und in eine Botschaft gehen. Angola ist das letzte Land auf unserer Route mit Visumspflicht. Leider muessen wir etwa eine Woche hier in Brazza verbringen, da wir auf Teile fuer Geoffs Motorrad warten muessen, dass mehrere Probleme entwickelt hat. Die KTM haelt sich derweil halbwegs gut. Mein Federbein hinten verliert jetzt ebenfalls Oel, aber ich kann bislang keine dramatischen Unterschiede feststellen. Ich nehme an, dass es sich im Laufe der Zeit verschlechtern wird. Bei einem Sturz habe ich mir die Halterung eines Koffers abgerissen und muss diesen jetzt mit Spanngurten festzurren, etwas nervig, aber nicht weiter dramatisch.
Congo hinterlaesst kein gutes Gefuehl. Man spuert dass das Land in der Hand einer Elite ist, die ein Vorankommen des Landes verhindert. Es gibt viele die denken die Rebellen, die im letzten Krieg aufbegehrt haben, hatten richtige, gute Gruende. Es mangelt an den grundlegensten Dingen, aber man sieht keine Bewegung, keine Baustellen nur Notreperaturen. Die Rohstoffe des Landes werden ausgebeutet, aber das Geld versickert in korruptiven Strukturen und landet vermutlich zu groesseren Teilen in der Schweiz. Wie immer sind es vorallem die Menschen die begeistern, hier in Congo mehr noch als anderswo. Leider habe ich waehrend meiner Krankheit viel von der Hilfsbereitschaft und Offenheit verpasst, aber auch ich konnte spueren wie sehr wir hier willkommen waren.
Sobald Geoff sein Motorrad repariert hat, setzen wir nach Kinshasa ueber, um dann direkt nach Matadi an der angolanischen Grenze zu fahren und hoffentlich dort unser Visum fuer Angola zu bekommen. Angola ist der letzte Teil des "rauhen" Afrikas, der noch vor uns liegt und den wir aufgrund der zeitlichen Beschraenkung des Transitvisums innerhalb von 5 Tagen durchfahren muessen. Namibia, Botswana und Suedafrika versprechen sozusagen einen sanften Ausklang und, in aller Offenheit, "sanfter Ausklang" klingt in meinen Ohren gerade richtig gut.