Nov 112008
[caption id="attachment_213" align="alignleft" width="320" caption="Hotel Le Perroquet - Aussenansicht"][/caption]
Nach einer guten Woche in Ziguinchor habe ich mich langsam eingelebt. Die Hotelangestellten kennen mich, wissen was ich wann bestelle und begruessen mich wie einen Freund. Ziguinchor ist in erster Linie ein Durchreiseort, in dem die meisten nur 1-2 Naechte verbringen. Damit sehe ich die Gaeste nur recht kurz, habe aber fast jeden Tag andere Reisende mit denen ich gemeinsam zu Abend esse. Es ist schon aussergewoehnlich wie leicht man auf Reisen mit Leuten ins Gespraech kommt und wie natuerlich es ist, sich einfach mit an den Tisch zu setzen.
In der naeheren Umgebung kennen mich bereits die meisten Verkaeufer, wissen das ich eh nix kaufe und lassen mich weitgehend in Ruhe. Waehrend ich durch die kleine Stadt schlendere, begegne ich immer haeufiger Personen die ich irgendwann mal kennengelernt habe und tausche die ueblichen Begruessungsflosskeln aus. Diese sind eine kurze Beschreibung wert.
[caption id="attachment_212" align="alignleft" width="320" caption="Hotel Le Perroquet - Hofansicht"][/caption]
Wenn sich Leute auf der Strasse begruessen, bricht haeufig geradezu ein Gewitter hin- und zurueckgeworfener Wortfetzen aus. In Lautsprache wuerde das in etwa so aussehen.oa - ah - aa - ohwac - ka - imma - annta - cava - bien - bien - cava usw. Dabei werden kurze Worte oder Wortgruppen in sehr schnellem Tempo abwechselnd ausgetauscht. Nach 10 bis 15 Sekunden verabschiedet man sich und geht seiner Wege. Hintergrund ist die Idee, dass man Interesse und Respekt vermittelt, wenn man Fragen ueber das Befinden, die Familie und den Job und so weiter stellt. Die Fragen sind aber so verstuemmelt und die Antworten pauschal, dass es sich in der Praxis lediglich um Begruessungsformalien handelt. Will man nicht extra stehen bleiben, muss man entsprechend schon frueh anfangen, sobald man sich sieht und bevor man aneinander vorbeilaeuft und die letzten Wortfetzen werden noch ohne sich Umzudrehen ausgetauscht, wenn der andere schon vorbei ist und es kaum noch hoeren kann.
Unter den Reisenden in Afrika wird haeufig die Abkuerzung TiA (This is Afrika) genutzt, um auf bestimmte Vorgaenge hinzuweisen, die nervenaufreibend, korruptiv und umstaendlich oder einfach nur unverstaendlich langwierig sind. Im Allgemeinen muss dann nicht mehr allzuviel hinzugefuegt werden und ein umgreifendes "Ahh" oder "Ohhh" drueckt Verstaendnis aus, da diesbezueglich jeder aus eigenen Erfahrungen schoepfen kann.
Hierzu ein kleines Beispiel.
[caption id="attachment_214" align="alignleft" width="320" caption="DHL Buero Ziguinchor"][/caption]
Den Reifen zu bekommen, war wie bereits beschrieben eine ausserordentlich schwierige Angelegenheit, die allerdings in erster Linie auf ein Missverstaendnis zurueckzufuehren war. Meine jetzt korrekt DHL intern verschickten Pakete versprechen einfacher zu erhalten zu sein, aber die Kosten liegen ja auch jenseits aller Schmerzgrenzen. Dennoch, ohne ein wenig TiA gehts auch hier nicht. Laut internationaler Sendungsverfolgung auf dhl.de sollte mein Paket bereits im DHL Buero vor Ort liegen. Ein Besuch im DHL Buero (etwa 10 min zu Fuss) ergab jedoch das Gegenteil. Es waere immer noch in Dakar kaeme aber morgen auf jeden Fall. Morgen waere bereits 2 Tage ueber den versprochenen 4 Tagen! Ein Besuch am kommenden Morgen war ebenfalls erfolglos, allerdings wurde ich in meiner Abwesenheit von DHL Dakar im Hotel mit der Bitte um Rueckruf angerufen. Aus dem Hotel konnte ich den Anruf nicht taetigen, weil es nicht abrechenbar ist und so wurde ich an einen Telefonshop in der Naehe verwiesen. Dort angekommen, musste ich leider mit der Tatsache leben, dass das Telefon kaputt war und wurde wiederum weiter geschickt, diesmal etwa 8 min Fussweg. Leider verhinderte dort ein stadtweiter Stromausfall (gibts eigentlich jeden Tag hier) meinen Anruf.
3 Stunden spaeter erreiche ich dann aber doch das DHL Buero in Dakar und verstehe in einem Mix aus Englisch und Franzoesisch, dass man mir ein Fax mit den Zustellgebuehren schicken moechte, dass ich unterschrieben zurueckfaxen solle, erst dann wuerde mein Paket nach Ziguinchor geschickt werden. Zustellgebuehren? Bei Abgabe des Pakets in Deutschland gingen bereits weit ueber 100 Euro an DHL. Da in meinem Hotel kein Fax vorhanden ist, mache ich den Vorschlag es doch einfach ins DHL Buero in Ziguinchor zu faxen und frage mich warum ich und nicht der DHL Angestellte, der jeden Tag mit gleichen Faellen zu tun hat, diesen naheliegenden Vorschlag machen muss. Der DHL Mitarbeiter in Dakar sah sich jedoch ausser Stande die Faxnummer ders DHL Bueros in Ziguinchor herauszufinden und bat mich ihn mit der Nummer nochmals zurueckzurufen. Bevor ich, fassunglos ueber diese Inkompetenz, etwas dazu sagen konnte, brach die Telefonverbindung zusammen. Wieder im DHL Buero in Ziguinchor angekommen, musste ich akzeptieren, dass das Fax zur Reparatur in Dakar ist und wohl erst Ende des Monats wieder da waere. Wenigstens konnte ich sie ueberreden den DHL Angestellten in Dakar anzurufen, um eine Loesung zu diesem hochkomplexen Vorgang zu finden. Haette ich nicht aktiv darum gebeten, waere sie mit einem freundlichen Laecheln wieder dazu uebergangen im Internet zu surfen. Es wurde vereinbart, dass das Schreiben via Email hier her geschickt wuerde und ich es hier vor den Augen der DHL Mitarbeiterin unterzeichne. Sie koennte dies dann widerum per Email bestaetigen. Da es eine Weile dauern wuerde, bis die Email da ist (WARUM?) wurde ich gebeten einfach im Hotel zu warten. Sobald die Email da ist, wuerde sie mich im Hotel anrufen. Hahaha! In dem Moment als ich das DHL Buero verliess, wusste ich bereits, dass ich keinen Anruf bekommen wuerde. Als erfahrener Afrikareisender haette man im Buero sitzenbleiben muessen, aber da ich eh noch auf ein anderes Paket warten muss, liegt mir die verzugsfreie Zustellung dieses Pakets noch nicht ganz am Herzen.
Nach mehrstuendiger Wartezeit stiefelte ich also wieder zurueck, entschlossen den Vorgang bis zum erfolgreichen Abschluss auszusitzen und nahm mir sicherheitshalber ein Buch mit. Die Email war bereits da und verlangte von mir, fuer ein als Geschenk deklariertes Paket im Wert von 30 Euro, weitere 100 Euro dazuzulegen, um es entgegennehmen zu duerfen. Die Aufschluesselung der Kosten war gaenzlich unverstaendlich und versehen mit etlichen Abkuerzungen. Ein Anruf bei DHL Deutschland ergab, dass das Paket auf dem Weg ins Buero in Ziguinchor sein sollte und ich eigentlich keinen Euro dazupacken muesste, da der Versand fuer den gesamten Weg bezahlt sei. Auch sollten keine Zollgebuehren anfallen. Dann war zunaechst einmal Mittagspause in der das DHL Buero unbesetzt ist. Ein Schild mit Informationen zur Pause oder den allgemeine Oeffnungszeiten interessiert hier offenbar genauso wenig jemanden wie die tote Ziege, die im Wassergraben unmittelbar vor dem Buero so langsam vor sich hinverwest.
Nach der Mittagspause musste ich mir zunaechst das Recht erkaempfen das dortige Telefon fuer meinen Anruf im DHL Buero in Dakar nutzen zu duerfen. Das Telefonat brachte kaum eine Aenderung auch als ich zum Ende sehr ungehalten wurde und lautstark mein Missfallen ueber dieses offensichtliche Unrecht zum Ausdruck brachte. Immerhin konnte ich erreichen, das der Preis noch einmal "berechnet" werden wuerde und ich einen Rueckruf erhalten werde.
Diesen habe ich heute nicht mehr bekommen, womit das Paket weiterhin in Dakar verbleibt. Am meisten aergert mich, dass man in Deutschland fuer sehr viel Geld ein Paket mit einem Express Kurier abschickt und DHL nicht die geringste Moeglichkeit zu haben scheint die Vorgaenge in DHL Senegal zu beeinflussen. Ein Anruf bei DHL Deutschland bestaetigt mir den Missstand bleibt aber ansonsten voellig frucht- und aktionslos und genau das wissen die Angestellten in DHL Senegal und halten die Haende auf. Mit anderen Worten DHL kann bei einem internationalen Versand die endgueltig zu bezahlende Summe nicht angeben und ist sich dieser Korruption in den eigenen Reihen sogar bewusst. Der Herr an der Telefonhotline war jedenfalls wenig ueberrascht ueber den Vorfall. Leider sitze ich hier an einem sehr, sehr kurzen Hebel und leider bin ich auf den Erhalt der Pakete angewiesen. Sollte ich kein Entgegenkommen bewirken koennen, werde ich zahlen muessen, womit fuer den Versand von 2 kleinen und leichten Paketen etwa 500 Euro zusammenkommen.
Fortsetzung folgt..